11.08.2025 | 11:47

Eine Auszeit vom Krieg: Jugendliche aus Browary zu Gast im Kreis-Jugendheim

Jugendheim Heisterberg wieder für Freizeiten geöffnet / Vielseitiges Programm für die ukrainischen Gäste

Die Jugendgruppe aus Browary erwartete ein vielfältiges Programm: vom Besuch im Freibad AquaMagis und der Glockenwelt in der Burg Greifenstein bis hin zu einem Ausflug ins Phantasialand. Foto: Lahn-Dill-Kreis

Die Jugendgruppe aus Browary erwartete ein vielfältiges Programm: vom Besuch im Freibad AquaMagis und der Glockenwelt in der Burg Greifenstein bis hin zu einem Ausflug ins Phantasialand. Foto: Lahn-Dill-Kreis

Nach Monaten als Erstaufnahmeunterkunft für Geflüchtete, ist das Jugendfreizeitheim Heisterberg seit Juli wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt worden – und das gleich mit einem besonderen Besuch: Eine Jugendgruppe aus der ukrainischen Partnerregion Browary verbrachte in der vergangenen Woche auf Einladung des Lahn-Dill-Kreises einige erholsame Tage in dem Driedorfer Ortsteil.

Hinter der Initiative steht ein konkretes Anliegen: Im Februar 2025 hatte sich der Bürgermeister der Stadt Browary mit der Bitte an den Lahn-Dill-Kreis gewandt, jungen Menschen aus seiner kriegsbelasteten Region eine kurze Erholungspause zu ermöglichen. Innerhalb weniger Wochen setzte die Kreisverwaltung die Idee in die Tat um – unkompliziert, solidarisch und mit einem klaren Ziel: Hoffnung schenken.

„Wir wollten nicht zögern. Uns war sofort klar, dass wir helfen wollen“, erklärt Landrat Carsten Braun. „Die Kinder und Jugendlichen in der Ukraine leben seit Jahren mit dem Gefühl permanenter Unsicherheit. Ihnen auch nur für ein paar Tage die Möglichkeit zu geben, durchzuatmen, sich sicher zu fühlen und einfach Kind sein zu dürfen, ist nicht nur ein Akt der Nächstenliebe, sondern ein Zeichen gelebter Partnerschaft.“

Knapp 20 junge Menschen aus Browary, viele mit Angehörigen in der ukrainischen Armee, sind in Heisterberg zu Gast gewesen. Begleitet wurden sie von Betreuerinnen aus Browary und zwei weiteren Betreuerinnen mit ukrainischen Wurzeln, die mittlerweile im Lahn-Dill-Kreis leben.

Vielfältiges Programm, bleibende Eindrücke

Neben Freizeitaktivitäten vor Ort – vom Grillabend bis zum Sport – standen auch Ausflüge auf dem Programm: zum Beispiel ein Besuch des Freizeitbades „AquaMagis“ in Plettenberg oder ein Ausflug zur Burg Greifenstein. Ein besonderes Highlight war die Fahrt ins Phantasialand. Das alles sind Erlebnisse, die in der Heimat der Kinder derzeit unmöglich wären. „Viele dieser Kinder haben schon lange keine Schwimmbäder mehr von innen gesehen“, sagt Betreuerin Nadiia Shulha. „In Browary ist das öffentliche Leben stark eingeschränkt. Hier aber sehen sie: Es gibt einen Alltag ohne Sirenen, ohne Angst.“

Partnerschaft und Freundschaft

Auch eine Jugendgruppe aus dem Lahn-Dill-Kreis war am Wochenende vor Ort. „Wir glauben, dass hier Freundschaften entstehen können“, sagt Birgit Klein, zuständig für Partnerschaftliche Beziehungen beim Lahn-Dill-Kreis. „Unser Ziel ist nicht nur, einen Besuch, sondern einen langfristigen Austausch zu etablieren.“ Landrat Carsten Braun betont, dass die aktuelle partnerschaftliche Hilfe den Grundstein für mehr legt: „Bereits in der Vergangenheit haben wir Browary mit verschieden Hilfslieferungen unterstützt. Aber echte Partnerschaft zeigt sich dann, wenn die Waffen zur Ruhe kommen, der Wiederaufbau beginnt und die Welt wegschaut. Genau dann werden wir weiter an der Seite unserer Freunde aus Browary stehen.“ An die Kinder und Jugendlichen gerichtet betonte er: „Ihr seid die Generation, die hoffentlich über den Krieg hinwegkommt und die Zukunft wieder mit aufbaut. Dabei möchten wir euch unterstützen und Hoffnung schenken.“

Die gute Zusammenarbeit mit den Kommunen vor Ort und Einrichtungen wie dem Jugendbildungswerk des Kreises habe die Umsetzung der Maßnahme erst möglich gemacht. Jens Groh, Leiter der Jugendbildungswerks beim Lahn-Dill-Kreis, berichtete von umfangreichen Renovierungen im Vorfeld: Frische Anstriche, eine modernisierte Sporthalle und eine neue Grillhütte sorgen für beste Bedingungen – nicht nur für diese Freizeit. Simon Rompf, Bürgermeister der Gemeinde Driedorf, begrüßte die Gäste auf Ukrainisch. Er erzählte, dass er die Sprache ein wenig lernen konnte, da auch bei seinen Eltern eine ukrainische Familie untergekommen war. „Der Vater hat mir später bei meinem Hausbau geholfen und ich freue mich sehr, dass wir nun euch hier in Driedorf helfen können und euch eine schöne Woche bereiten können.“

Mehr als ein Aufenthalt – ein Zeichen

Für viele der ukrainischen Jugendlichen ist es die erste Reise nach Deutschland. Einige lernen bereits Deutsch und empfinden den Besuch als Ansporn, weiter zu lernen. Doch vor allem bedeutet dieser Aufenthalt eines: durchatmen. „Es ist wichtig, dass sie wissen: Sie sind nicht allein“, betont Carsten Braun. „Und es ist ebenso wichtig für uns im Lahn-Dill-Kreis, diese Verantwortung zu tragen.“ Der Besuch soll keine einmalige Aktion bleiben – der Wunsch nach Fortsetzung besteht auf beiden Seiten.